Kleines Immergrün
Vinca minor, das Kleine Immergrün, ist ein Mitglied der
Familie der Hundsgiftgewächse (Apocynaceae), in die auch der Oleander gehört.
Der hauptsächlich kriechende Halbstrauch wird fünfzehn bis
zwanzig Zentimeter hoch. Sprosse ohne Blüten kriechen, Sprosse mit Blüten
wachsen nach oben. Die gegenständig am Stängel sitzenden, sechs Zentimeter
langen Blätter sind kurz gestielt, eiförmig, ganzrandig, dunkelgrün mit
glänzender Oberfläche, die, als Wärmeschutz, auftreffende Sonnenstrahlen
reflektieren kann
Das Kleine Immergrün blüht von März bis Juni mit lang
gestielten, trichterförmigen Blüten, die einzeln aus den Blattachseln wachsen.
Die zwei bis drei Zentimeter großen, zwittrigen Blüten sind von
hellblau-violetter Farbe mit fünfteiligem Rand. Die Blütenzipfel sind nach
rechts verdreht und wirken etwas unordentlich, sie erinnern an einen Propeller.
Die elf Millimeter lange Kronröhre, an deren Grund sich der Nektar befindet,
besitzt einen Haarkranz, eine Saftdecke, die nur langberüsselte Insekten an das
zuckrige Nass lässt. Mit genügend langen Rüsseln ausgestattet sind
Schmetterlinge, Bienen oder auch Wollschweber.
Die Pflanze bildet Doppel-Balgfrüchte, die ein für Ameisen
spannendes Nährgewebe besitzen. Frucht- und Samenbildung finden in unseren
Breiten eher selten statt. Das Kleine Immergrün vermehrt sich hauptsächlich
vegetativ über Wurzelbildung an den Stängelknoten. So kann sich die Pflanze
zwei Meter im Jahr verbreiten und lockere Teppiche bilden.
Das Kleine Immergrün enthält über vierzig verschiedene Alkaloide
und ist, besonders durch den Gehalt an dem Indolalkaloid Vincamin, giftig. Es
senkt den Blutdruck, schwächt das Herz und führt zu Herz-Kreislaufbeschwerden.
Trotzdem wurden die Blätter der Pflanze in früheren Zeiten
zu Heilzwecken verwendet. Die Blätter enthalten neben Alkaloiden Flavonoide,
Gerbstoffe, Pektine, organische Säuren und Mineralsalze. Sie wirken
adstringierend, blutzuckersenkend, antibakteriell, entzündungshemmend,
blutstillend, krampflösend und wurden eingesetzt bei Durchfall, Husten, Rheuma,
Magenentzündungen, Kreislaufproblemen.
Das Kleine Immergrün ist etwa im Mittelalter in unsere
Siedlungen und Burggärten gelangt und von dort aus verwildert. So ausgebüxte
und über lange Zeiträume verwilderte Pflanzen bezeichnet man als Kulturrelikte
oder auch Archäophyten. Findet man die Pflanze an ihren Lieblingsstandorten,
nährstoffeichen Laubmischwäldern, kann man darauf schließen, dass es dort
einmal eine Siedlung oder Burganlage gegeben hat.
Das Kleine Immergrün verträgt Schatten und Trockenheit und
ist als Zierpflanze ein beliebter Bodendecker für Friedhof und Garten und
vielleicht eine gute Alternative zu einer Steinwüste im Vorgarten. Wenngleich
eine artenreiche Gestaltung mit vielen insektenfreundlichen Stauden natürlich
ökologisch wertvoller ist als ein paar Quadratmeter Kleines Immergrün.
Bis zum nächsten Naturerlebnis-Tipp
Eure / Ihre Stefanie Barzen